Lebenslauf

Jugendzeit

Arnold Georg Bittlinger wurde am 13. Juni 1928 als Sohn des Landesjugendpfarrers Georg Bittlinger und seiner Ehefrau Wilhelmine, geb. Jung, in Edenkoben/Pfalz geboren. Sein Vater war Elsässer, seine Mutter stammte aus einem pfälzischen Weingut. Ein prägendes Kindheitserlebnis war für den 9-jährigen Arnold der miterlebte tödliche Unfall seines 11-jährigen Bruders Karl.

Nach Besuch der Volks- und Oberschule Edenkoben und des Humanistischen Gymnasiums Neustadt a. d. Weinstrasse bestand er 1948 das Abitur.

Während der Zeit, in der die Schulen infolge der Nachkriegswirren geschlossen waren, absolvierte er von April bis Oktober 1945 ein Weinbaupraktikum im grosselterlichen Weingut in Ebernburg an der Nahe und leitete in Ebernburg den von ihm gegründeten Kirchenchor. Nach Edenkoben zurückgekehrt, baute er in seiner Heimatstadt die evangelische Jugendarbeit neu auf, die während des Dritten Reiches zum Erliegen gekommen war.

Studium

Von 1948 bis 1952 studierte Arnold Bittlinger Theologie in Mainz, Aix-en-Provence, Bethel und Heidelberg. Er besuchte ausserdem psychologische und kunstgeschichtliche Vorlesungen und Seminare und war aktiv in der christlichen Studentenarbeit tätig. 1952 bestand er das theologische Examen. Im Frühjahr 1969 besuchte er das orthodoxe Seminar in Bossey und Paris und schloss mit dem ­Diplom des Oekumenischen Instituts des Weltkirchenrats in Bossey, GE, ab, wo er bei Joseph Ratzinger, dem späteren Benedikt XVI., studiert hat und 1969/70 Assistent des griechisch-orthodoxen Religionsphilosophie-Professors Nikos Nissiotis war.

1971 wurde Arnold Bittlinger «Fellow» des Instituts für Oekumenische und Kulturelle Forschung in Collegeville, Minnesota und Mitglied des Lehrkörpers («Faculty-Member») der St. Johns University, Collegeville. Im Studienjahr 1971/72 weilte er mit seiner Familie in Collegeville und studierte neben seiner Forschungstätigkeit Psychologie und Kunstgeschichte an der St. Johns University. Während dieses Amerika-Aufenthaltes wurde Arnold Bittlinger in den Stamm der Chippewa-Indianer (Algonkin-Nation) aufgenommen.

Nach Europa zurückgekehrt, promovierte er summa cum laude an der Universität Birmingham zum Doktor der Philosophie mit einer Dissertation über den «römischkatholisch-pfingstlichen Dialog und seine ökumenische Relevanz». Die Dissertation erschien 1978 im Peter-Lang-Verlag in Frankfurt am Main unter dem Titel «Papst und Pfingstler». Er vervollständigte seine psychologischen Kenntnisse und Erfahrungen durch zahlreiche Weiterbildungskurse und Seminare (Gruppendynamik, Themenzentrierte Interaktion, Creativity-Training, Bioenergetik, Katatymes Bilderleben, Transaktionsanalyse, Gestalt­therapie, Psychodrama, Bibliodrama u. a.). Er begann eine Ausbildung am C. G. Jung-Institut Küsnacht/ZH, machte seine Lehranalyse bei Verena Kast und schloss mit dem Diplom in Analytischer Psychologie ab. Später arbeitete er als Dozent im C. G. Jung-Institut.

Berufliche Laufbahn

Nach seinem theologischen Examen wurde Arnold Bittlinger 1952 in seiner Heimatstadt Edenkoben ordiniert, als Vikar in Kaiserslautern und später als Pfarrverweser in Speyer eingesetzt. Anschliessend wurde er Leiter der Schülermission in Deutschland, die er nach dem Vorbild der englischen Interschool Christian Fellowship aufbaute.

Nach seinem zweiten theologischen Examen wurde Arnold Bittlinger 1956 Pfarrer in Ludwigshafen am Rhein mit einem selbstständigen Pfarrbezirk von ca. 7000 Gemeindegliedern. Dort gründete er eine lebendige Jugendarbeit und zahlreiche Hauskreise (die z. T. heute noch bestehen). 1959 wurde er zum Leiter des Volksmissionarischen Amtes der Pfälzischen Landeskirche berufen.

In dieser Funktion reiste er von September bis Dezember 1962 durch die USA zum Studium von Fragen des missionarischen Gemeindeaufbaus. Dabei stiess er auf die Anfänge der Charismatischen Erneuerung in lutherischen, episkopalen und reformierten Gemeinden. Ausserdem interessierte er sich für den amerikanischen Weinbau und erwarb das Weindiplom des Kalifornischen Weininstituts.

Nach seiner Rückkehr aus Amerika beschäftigte er sich theoretisch und praktisch mit Fragen des charismatischen Gemeindeaufbaus und veröffentlichte zahlreiche Arbeiten zu dieser Thematik. Er hatte nämlich in Amerika dazu über eine Prophetie den Auftrag erhalten. Dazu schreibt Arnold Bittlinger in seinem Buch Oft auch gegen den Strom (Bd. 2, S. 262 ff): «Es stellte sich heraus, dass Frau Kvinge eine prophetische Gabe hatte. Was sie weissagte, schrieb ihr Mann auf. Wir beteten miteinander, und dann begann Frau Kvinge zu reden. Sie weissagte, dass ich den besonderen Auftrag von Gott hätte, das neue Wirken des Geistes in Deutschland zu bezeugen. Ich fühlte mich wie Jona, der ins Meer geworfen wird, um per Fisch in seine Heimat zurücktransportiert zu werden. Insgeheim hatte ich nämlich Ausschau gehalten nach einer geeigneten Stelle in den USA, zum Beispiel als College-Professor, weil ich gerne in den USA bleiben wollte. Damit war es nun nichts – die Prophetie war messerscharf und ist mir tief in die Seele gedrungen.»

1968 gründete er zusammen mit dem Franziskanerpater Eugen Mederle und dem Baptistenpastor Wilhard Becker das «Lebenszentrum für die Einheit der Christen» in Schloss Craheim bei Schweinfurt und baute dort die 1966 von ihm in Hambach-Pfalz gegründete Oekumenische Akademie weiter aus. Nach seinem Umzug in die Schweiz (1978) wurde die Oekumenische Akademie dem Schweizerischen Diakonie-Verein angegliedert und 1980 vom Weltrat der Kirchen (WCC) als Studienzentrum der Kommission für Weltmission und Evangelisation (CWME) anerkannt. Verbunden damit war die Gründung des Metanoia-Verlags 1990.

Anliegen der Oekumenischen Akademie ist die Förderung einer oekumenischen Spiritualität, bei der es um die Erprobung von kreativ-charismatischen Alternativen zum bürgerlichen Lebensstil geht (mit begleitender und nachfolgender kritischer Reflexion). Hierzu veranstaltete die Oekumenische Akademie Tagungen und Kurse in verschiedenen Tagungsstätten und Gemeinden. Die Veröffentlichungen des mit der Oekumenischen Akademie verbundenen Metanoia-Verlags spiegeln das breite Spektrum dieser Aktivitäten. Im Rahmen der Oekumenischen Akademie gründete Arnold Bittlinger 1976 zusammen mit einer Ärztin und einer Krankenschwester in München ein «Healing Home», für das er bis zur Übernahme durch einen eigenen Trägerkreis (1983) mitverantwortlich war. Nachdem Arnold Bittlinger vierzig Jahre lang die Leitung der Oekumenischen Akademie innehatte, übergab er sie 2007 dem Musiker und Theologen Simon Jenny.

Vom Juli 1977 bis 1987 wurde Arnold Bittlinger vom Weltrat der Kirchen als Mitarbeiter berufen für Fragen der Evangelisierung und des Gemeindeaufbaus, nachdem er vorher schon als Berater in Sachen charismatischer Erneuerung dort tätig war (1968–1978). In dieser Funktion als Mitarbeiter unternahm er zahlreiche Forschungsreisen in alle Erdteile und organisierte 1980 eine weltweite Konsultation zum Thema «Towards a Church Renewed and United in the Holy Spirit» und gab den Berichtband dieser Konsultation heraus.

Da es sich beim Oekumenischen Rat um einen Teilzeitauftrag handelte, trat er am 1. Januar 1978 eine Stelle als Pfarrer in der kleinen Weinbaugemeinde Oberhallau im Kanton Schaffhausen an und blieb bis zu seiner Pensionierung 1993. Die Abendmahlsliturgie, welche er eigens für die Kirchgemeinde Oberhallau zusammengestellt hat, ist immer noch in Gebrauch, und auch die auf ihn zurückzuführende Einführung einer gesungenen Grossen Doxologie wird bis heute bei jedem Abendmahl praktiziert. Er ist in Oberhallau all die Jahre in äusserst guter Erinnerung geblieben und war bis zu seinem Tod sehr verbunden mit seiner ehemaligen Kirchgemeinde. Arnold Bittlinger setzte in der Schaffhauser Kirche auch als Synodalpräsident wichtige Impulse, deren Wirkung weit über den Kanton hinausging.

Im Jahre des 700. Jubiläums der Schweizerischen Eidgenossenschaft (1991) wurde Arnold Bittlinger Bürger von Oberhallau und damit Schweizer Bürger. Von 1984 bis 1993 wirkte er als Seelsorger und Psychotherapeut in der Psychiatrischen Klinik Breitenau in Schaffhausen und als Dozent an der Schule für psychiatrische Krankenpflege.

Arnold Bittlinger war neben seinem Engagement für die Oekumenische Akademie als Dozent am C. G. Jung-Institut Küsnacht ZH und als Psychotherapeut in eigener Praxis in Schaffhausen und Zürich tätig. Er hielt ausserdem Vorlesungen, Seminare, Kurse und Vorträge bei der Internationalen Gesellschaft für Tiefenpsychologie, in Akademien und Bildungszentren, im Radio und Fernsehen. Diese Aktivitäten fanden ihren Niederschlag in zahlreichen Publikationen. (Ein Verzeichnis der Publikationen von Arnold Bittlinger (PDF-Datei) ist im Metanoia-Verlag erschienen. Viele der Titel stehen kostenlos zum Download bereit.)

Arnold Bittlinger ist am 23. März 2025 im Weinbauerndorf Berneck/SG im Alter von 96 Jahren in die ewige Heimat zurückgekehrt. Er hinterlässt ein bedeutendes Erbe in Theologie und Psychologie, das weiterhin Einfluss auf diese Bereiche haben wird.